Wenn Arzt und Apotheker im Einklang beraten

 

Die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen erhielt den ersten Deutschen Patientenpreis

Aus 25 beeindruckenden Bewerbungen um den ersten Deutschen Patientenpreis, der nach der besten Innovation zur Erhöhung der Therapietreue von Patienten suchte, ging die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) als Sieger hervor. Es handelt sich dabei um ein Modell vorhaben nach § 63 SGB V, das die Kassenärztlichen Vereinigungen und Apothekerverbände der Bundesländer Sachsen und Thüringen gemeinsam mit der AOK plus verfolgen. Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes, nahm die Auszeichnung, die mit einem Preisgeld von 10.000 Euro dotiert ist, bei der 7. Jahrestagung des House of Pharma & Healthcare in Empfang. „Die preisgekrönte Initiative zeigt einen vorbildlichen Weg auf, um die Therapietreue zu verbessern und Arzneimittelrisiken zu verringern", erklärte Professor Gerd Geißlinger, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie der Goethe-Universität als Mitglied der Jury. 

Etwa die Hälfte aller Patientinnen und Patienten nimmt die ihnen verordneten Medikamente nicht regelmäßig ein. Das führt jedes Jahr zu Tausenden vermeidbaren Krankenhauseinweisungen und Todesfällen. Betroffen sind vor allem ältere, multimorbide Menschen. „Es gibt in Deutschland sieben Millionen Patienten, die fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig einnehmen“, sagte Stefan Fink. „Wie man diesen Menschen helfen kann, wollen wir zeigen.“ ARMIN orientiert sich dabei zunächst am Prinzip der Wirkstoffauswahl: Der Arzt verordnet dem Patienten einen Wirkstoff und kein Fertigarzneimittel. Indem der Patient „seinen" Wirkstoff kennt, lässt er sich nicht von verschiedenen Handelsnamen irritieren. Die Auswahl des Wirkstoffes trifft der Arzt aus einem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erarbeiteten Medikationskatalog für eine leitliniengerechte, patientenorientierte und wirtschaftliche Versorgung.

Daran schließt sich ein Medikationsmanagement an, für das Hausarzt und Stammapotheker des Patienten gemeinsam verantwortlich zeichnen. Das ist das Herzstück von ARMIN, mit dem derzeit bereits mehr als 4.000 Patienten verbunden sind. Nachdem Arzt und Apotheker gemeinsam mit dem Patienten alle Wirkstoffe, die dieser einnimmt – einschließlich derjenigen aus seiner Selbstmedikation – erfasst haben, prüfen sie eventuelle Wechselwirkungen, Doppelverordnungen und Fehlgebräuche. Sie stimmen dann untereinander und mit dem Patienten einen Medikationsplan ab, der Wirkstoffe, Einnahmezeiten, Grund der Einnahme und eventuell weitere Hinweise übersichtlich darstellt. Dieser Medikationsplan ist auf einem Server im sicheren Netz der Kassenärztlichen Vereinigungen hinterlegt und kann so von Arzt und Apotheker jederzeit eingesehen und angepasst werden. Der Patient erhält neben einem Ausdruck dieses Plans ein persönliches Tagebuch, das sowohl der Information als auch der Selbstbeobachtung und dem Austausch mit Arzt und Apotheker dient. „ARMIN verbessert die Orientierung für Patienten und kann sie ermächtigen, in der Therapie zum eigenverantwortlichen Akteur zu werden", sagte Claudia Wüstenhagen, Redaktionsleiterin von ZEIT Doctor als Mitglied der Jury.