Die Mehrzahl aller Zulassungen für Biopharmazeutika

 

Dibetespatienten profitieren besonders von Biotechnologie

Der Biotechnologie kommt in der Medizin eine wichtigere Rolle zu denn je zuvor. 51 Prozent aller Arzneimittel, die 2017 in der Europäischen Union zugelassen wurden, waren Biopharmazeutika, erklärte Dr. Folker Ruchatz (Boehringer Ingelheim) in dem von vfa bio veranstalteten Workshop „Medizinische Biotechnologie in Deutschland“. Klar zeige sich die wachsende Bedeutung der Biotechnologie in einem Vergleich zwischen den Jahren 2005 und 2017: Der Umsatz von Biopharmazeutika im Apotheken- und Klinikmarkt in Deutschland hat sich in diesem Zeitraum fast vervierfacht, die Zahl der biotechnologisch hergestellten Präparate in klinischer Entwicklung (inklusive Impfstoffe) stieg von 256 auf 639. Die Produktion von Biopharmazeutika sei aufwändig und erfordere erhebliches Knowhow. Erfreulicherweise liege Deutschland bei dieser Produktion (nach Wirkstoffen gerechnet) weltweit nach den USA auf Platz 2. Um die innovative Leistungsfähigkeit auch auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung aufrechtzuerhalten und zu beschleunigen, bedürfe es jedoch einer weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen. Ruchatz wünschte sich vor allem mehr Risikokapital, eine steuerliche Forschungsförderung sowie eine faire Nutzenbewertung von Biopharmazeutika. Von Biopharmazeutika profitieren viele Patienten mit Stoffwechselerkrankungen. Mehr als die Hälfte der dagegen in Deutschland zugelassenen biotechnologisch hergestellten Medikamente (27 von 51), dienten der Diabetes-Behandlung, erläuterte Dr. Matthias Schweitzer (Novo Nordisk Deutschland). Rund sieben Millionen Deutsche litten an Diabetes vom Typ 2. Dank der Biotechnologie könnten heute sowohl lang wirksame Basalinsuline als auch schnell wirksame „Mahlzeiteninsuline“ hergestellt werden. Die Behandlung mit diesen modernen Insulinen sei für die Patienten von Vorteil, denn sie führe zu weniger Unterzuckerungen, Blutzuckerschwankungen und akuten Herz-Kreislauf-Ereignissen als herkömmliche Insuline. Zu den Biopharmazeutika gegen Diabetes gehörten neuerdings auch Analoga des Peptidhormons GLP 1, das im Dünndarm nach oraler Glucoseaufnahme gebildet werde, sagte Schweitzer. Der hohe Stellenwert von Biopharmazeutika für Diabetespatienten werde mit Sicherheit weiter wachsen.

Kooperationsbereitschaft in Zeiten der Konvergenz

Dass biotechnologisch hergestellte Arzneimittel nur eine Komponente der Medizin der Zukunft seien, gab Pr ofessor Jochen Maas (Sanofi-Aventis Deutschland) zu bedenken. Immer stärker stehe der medizinische Fortschritt im Zeichen der Konvergenz der vier Ds „Data, Drug, Diagnosis, Device“, baue also auf die immer engere Verbindung von Daten, Arzneimitteln, Diagnostika und Medizintechnik. Das spiegele sich auch in der Diabetestherapie wider, die in Richtung „künstliche Bauchspeicheldrüse“ gehe: Ein implantierter Sensor misst kontinuierlich den Blutzuckerspiegel des Patienten. Er übermittelt seine Messwerte an ein am Hosenbund befestigtes Kontrollgerät, das die jeweils notwendige Insulindosis berechnet, um wiederum eine in einem Hautpflaster enthaltene Insulinpumpe zu veranlassen, diese Dosis jederzeit bedarfsgerecht subkutan zu injizieren. Solche Systeme, für deren Energiezufuhr ein externer Laserpointer sorge, stünden jedoch erst am Anfang ihrer Entwicklung Kein einziges Unternehmen könne heute alle 4 Ds gleich - zeitig abdecken, warnte Maas. „Aber die großen Datenprovide nehmen immer mehr Fahrt auf.“ Es bestünde die Ge -fahr, dass sie eines Tages eine Plattform gründeten, für die etablierte Unternehmen der Gesundheitswirtschaft nur noch zweitrangige Zulieferer wären. Um das zu verhindern, sei es notwendig, die Zusammenarbeit mit den Datenprovidern zu suchen, die dafür durchaus aufgeschlossen seien. „Die wechselseitige Bereitschaft, voneinander zu lernen, ist dabei besonders wichtig“, gab sich Maas optimistisch, dass es gelingen werde, gemeinsam Geschäftsmodelle einer integrierten Gesundheitsversorgung zu verwirklichen.

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