Neue Wege in der Pharmaforschung

Innovative Wirkstoffentwicklung braucht Open-Science-Strategien

Digitalisierung und Open Innovation sorgen auch in der Pharmaforschung für nachhaltige Veränderungen. Doch akademische Institutionen und Unternehmen arbeiten noch viel zu oft in geschlossenen Systemen. Was sind die Voraussetzungen für übergreifende Kooperationen? Wie lassen sich akademische Grundlagenforschung und Wirkstoffentwicklung besser verbinden? Und wie sind Open-Science-Strategien mit rechtlichen Anforderungen vereinbar? Darüber diskutierten Vertreter aus Industrie und Wissenschaft in einem Workshop der Hessen Trade & Invest GmbH. Eines war von vor nherein klar: Um neue, offene Forschungs- und Entwicklungsstrategien umzusetzen, ist in beiden Sektoren ein grundlegendes Umdenken nötig.

Transparenz nach außen und innen

„Die forschende Pharmaindustrie muss für andere Unternehmen und für die Wissenschaft zugänglicher werden“, forderte Dr. Adrian Carter, Vice President & Global Head Discovery Research Coordination bei Boehringer Ingelheim. Mit der Plattform opnMe.com bietet das Unter nehmen Wissenschaftlern freien Zugang zu chemischen Sonden, die aus der eigenen Forschung sowie von akademischen Kollaborationspartnern stammen und sich durch hohe Wirksamkeit und Selektivität auszeichnen. opnMe.com funktioniert so einfach wie ein Online-Shop, nur dass die Moleküle kostenlos bestellt werden können. Darüber hinaus kann man für bestimmte Moleküle auch Forschungsansätze vorschlagen – und so neue Kooperationen initiieren. Wesentliche Erfolgsfaktoren für das Projekt seien zudem die offene Kommunikation und die Unterstützung innerhalb des Konzerns, so Carter: Die Strategie werde nicht nur vom Bereich Forschung und Entwicklung getragen, sondern auch von den Entscheidern auf allen Managementebenen.

Mehr Möglichkeiten auch für kleine Labore

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden weitere Open-Science-Initiativen vorgestellt. An der Goethe-Universität Frankfurt zum Beispiel arbeitet neben dem LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) auch das internationale Structural Genomics Consortium (SGC) nach dem Open-Science-Ansatz. Zum SGC gehören als Public Private Partnership mehrere Pharmaunternehmen, darunter Boehringer Ingelheim und AbbVie. Dr. Susanne Müller-Knapp, Chief Operating Officer des SGC Frankfurt, erläuterte das Angebot: Mit mehr als 2.000 Systemen zur Proteinexpression und klar definierten chemischen Sonden biete man kleineren Laboren Forschungsmöglichkeiten, die für sie sonst gar nicht finanzierbar wären. Die Sonden werden online veröffentlicht und weltweit frei vertrieben; durch ihre hohe Spezifität lassen sich die häufig fehlerhaften Beschreibungen vermeiden – und reproduzierbare Ergebnisse erzielen.

Den Datenaustausch neu regulieren

auf drei Ebenen statt, wie Dr. Joachim Vogt, Director Search & Evaluation Western Europe bei AbbVie Deutschland, ausführte: Präklinisch arbeite man häufig mit akademischer Forschung zusammen. Die klinische Kollaboration allerdings stelle eine Herausforderung dar, weil die rechtlichen Rahmenbedingen kaum einen Datenaustausch erlaubten. Um das zu ändern, sei zum einen die Politik gefragt, zum anderen müssten die Unternehmen einheitliche Standards einführen. Auf der Behandlungsebene schließlich sei das Datenmanagement entscheidend – auch indirekt nutzbare Informationen könnten wertvoll sein. Vogt betonte zudem, letztlich lägen die Ziele von industrieller und akademischer Forschung nicht so weit auseinander. Sein Fazit: „Innovation in der Wirkstoffentwicklung heißt, die Stärken beider Bereiche besser zu bündeln. Und dazu ist ein geregelter Datenaustausch zwingend notwendig.“

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