Mit vereinter Kraft in der Krebsmedizin

Merck Serono und Pfizer stellen bei der Jahrestagung des House of Pharma ihre Allianz in der Immunonkologie vor

Checkpoint-Inhibitoren sind derzeit die großen Hoffnungsträger der Krebsmedizin. Es handelt sich um monoklonale Antikörper, die verhindern können, dass Krebszellen der Vernichtung durch körpereigene Immunzellen entgehen und unkontrolliert weiterwuchern. Manche Patienten mit bestimmten metastasierenden Krebsarten sind durch sie sogar schon geheilt worden. Dementsprechend intensiv arbeiten Pharma- und Biotechunternehmen an der Erforschung und Entwicklung dieser Präparate. Ein besonderes Modell dafür stellten Merck Serono und Pfizer, das älteste und das größte Pharmaunternehmen der Welt, in einem Workshop bei der 6. Jahrestagung des House of Pharma & Healthcare vor: In einer strategischen Allianz, die auch den Vertrieb einschließt, entwickeln beide seit Ende 2014 gemeinsam Checkpoint-Inhibitoren in mehreren Indikationen und verschiedenen Kombinationen.

Der erste Checkpoint-Inhibitor Ipilimumab, entwickelt von Bristol-Myers Squibb (BMS), wurde bereits 2011 zur Behandlung von inoperablem schwarzen Hautkrebs zugelassen. Er blockiert den T-Zellen-Rezeptor CTLA-4 und steigert die Langzeit-Überlebensrate um rund 21 Prozent. Als mindestens ebenso wirksam, auch bei nicht-kleinzelligem Lungenkrebs und urologischen Tumoren, aber besser verträglich, erwies sich die Blockade des Rezeptors PD-1 oder von dessen vom Tumor gebildeten Liganden PD-L1. Zwischen 2014 und 2016 brachten BMS, Merck & Co (anti-PD-1) sowie Roche (anti-PD-L1) entsprechende Checkpoint-Inhibitoren auf den Markt. Um mit seinem in Phase I befindlichen PD-L1-Inhibitor Avelumab den Anschluss nicht zu verlieren, schmiedete Merck die Allianz mit Pfizer – mit Erfolg: Im März 2017 erteilte die amerikanische FDA Avelumab die Zulassung für die Behandlung des fortgeschrittenen Merkelzellkarzinoms, einer sehr seltenen und aggressiven Hautkrebsart, kurz darauf die für das fortgeschrittene Urothelkarzinom.

Entscheidungen trifft die Allianz selbst

Die Allianz zielt aber weit über diese Nischenindikationen hinaus: In ihrem Rahmen legen Merck Serono und Pfizer ihre Entwicklungspipelines auf dem Gebiet der PD-L1- und der PD-1-Inhibition (für die Pfizer einen präklinischen Entwicklungskandidaten einbrachte) zusammen. Inzwischen verfolgen beide Unternehmen zahlreiche Phase-II- und Phase-III-Studien mit Avelumab, auch in Kombination mit anderen Krebsmedikamenten aus der eigenen Forschung und Entwicklung, um Resistenzen einzuschränken und womöglich auch Non-Responder zu erreichen. Der Forschungsbedarf ist groß: Denn noch sprechen längst nicht alle Krebspatienten auf eine Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren an.

Um zwei global agierende Großunternehmen in einer solchen Allianz zusammenzubringen, bedarf es intensiver Teambildungsprozesse, wie der Workshop zeigte. Im Geflecht unterschiedlicher Hierarchiestufen, Zuständigkeiten und Geschäftsabläufe ließen sich sonst keine effektiven Strukturen aufbauen. Aus dem Teambuilding mit rund 150 Mitarbeitern sei aber eine klare Governance-Struktur hervorgegangen, die insbesondere festlege, dass das letzte Wort nicht bei den beiden Ursprungsunternehmen, sondern in der Allianz selbst liege.

Vertreter beider Firmen betonten bei der Jahrestagung des House of Pharma & Healthcare, dass ihre Allianz einen dreifachen Vorteil biete: Für die Unternehmen erhöhe sie die Wettbewerbsfähigkeit und streue das Risiko, im Sinne der Ärzte vermeide sie eine unnötige Dopplung klinischer Studien für die Entwicklung von Checkpoint-Inhibitoren, für die Patienten bedeute sie eine breitere klinische Entwicklung, die mehr Indikationen und Kombinationen prüfe, als es ein einzelnes Unternehmen leisten könnte.