Ein wichtiges Signal für den Standort Frankfurt

Fraunhofer-Gesellschaft richtet Geschäftsstelle für Leitmarkt Gesundheitswirtschaft in der Main-Metropole ein

Die Fraunhofer-Gesellschaft wird die Geschäftsstelle ihrer neuen Leitmarktorientierten Allianz Gesundheitswirtschaft in Frankfurt etablieren. Das teilte ihr für Technologiemarketing und Geschäftsmodelle zuständiges Vorstandsmitglied Prof. Dr. Ralf Wehrspohn anlässlich der Digital Week des House of Pharma & Healthcare mit. Unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Gerd Geisslinger – der 2021 gleichzeitig Gründungsdirektor des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie in Frankfurt werden wird – soll diese  Geschäftsstelle als „One Stop Shop“ für die gesamte gesundheitsbezogene Wertschöpfung der Fraunhofer-Gesellschaft fungieren. „Das ist ein wichtiges Signal auch für den Standort Frankfurt“, sagte Wehrspohn. Die Gesundheitsforschung umfasst mit rund 350 Millionen Euro rund 15 Prozent des F&E-Budgets der Fraunhofer-Gesellschaft und ist bundesweit auf 45 der insgesamt 74 Fraunhofer-Institute verteilt.

Ein Ankerpunkt für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft

Ralf Wehrspohn erinnerte daran, dass die Fraunhofer-Gesellschaft die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung ist. Sie erwirtschaftet ihr Budget zum größten Teil über Industrieprojekte und öffentlich finanzierte Forschungsprojekte. Ihre aktuell wichtigste Aufgabe sieht sie darin, die Innovationslücken zu schließen, die sich bei der Entwicklung neuer Technologien zwischen der Grundlagenforschung und der industriellen Anwendung immer wieder ergäben. Ihre Strategie zielt dementsprechend auf einen multidimensionalen Technologietransfer ab. Ein Kernelement dieses Transferkonzeptes sollen in Zukunft Fraunhofer-Allianzen in acht Leitmärkten sein, die für die Innovationskraft Deutschlands und Europas von besonders hoher Relevanz sind. Die Gesundheitswirtschaft bildet einen dieser Leitmärkte, in denen sich die Fraunhofer-Gesellschaft als „Ankerpunkt für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft“ profilieren und als ganzheitlicher Lösungsanbieter auftreten will, sowohl durch institutsübergreifende Akquisen als auch durch exzellenten Technologietransfer.

Interdisziplinäre Integration ist Schlüssel zu medizinischer Innovation

„Im Gesundheitsbereich ist unsere Mission die translationale Forschung zum Wohle des Patienten“, sagte Wehrspohn. „Wir verfolgen dabei die Vision, kostenintelligente Lösungen für eine optimale Gesundheitsversorgung zu erreichen.“ Die Fraunhofer-Gesellschaft sei dazu prädestiniert, diese Vision zu verwirklichen, weil sie dank der thematischen Breite ihrer Forschung und deren Marktbezogenheit besser als andere auf Interdisziplinarität setzen könne. Der medizinische Fortschritt speise sich aus vier mächtig strömenden Zuflüssen, die immer mehr konvergierten, nämlich aus Daten, Diagnostik, Arzneimitteln (Drugs) und medizinischen Geräten (Devices). Aus all diesen Innovationsströmen zu schöpfen und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse zielführend zu integrieren, ist laut Wehrspohn die Kernkompetenz der Fraunhofer-Gesellschaft mit ihrem starken ingenieurwissenschaftlichem Hintergrund. Sie verfügt über informationstechnologische wie über immunologische Institute, sie hat das Knowhow für den Bau von Sensoren ebenso wie die Fähigkeit, Standards der Good Manufacturing Practice für individualisierte Zelltherapien auszuarbeiten. Beispielsweise hat Fraunhofer auch zur Entwicklung der Corona-Warn-App beigetragen, zudem wirken Fraunhofer-Spezialisten für Biotechnologie an der Entwicklung von Impf- und Wirkstoffen gegen Sars-CoV-2 mit. Kurzum: „Fraunhofer kann die 4 Ds zusammenbringen und das unterscheidet uns von anderen.“

Proof-of-Concept-Plattform soll Translation beschleunigen

Die Fraunhofer-Gesellschaft hat laut Wehrspohn in anderen Bereichen wie beispielsweise der Einführung der Lasertechnik in die Produktion und der Nutzung erneuerbarer Energien schon mehrfach bewiesen, dass sie in der Lage ist, „Technologien durch kontinuierliche Forschungsanstrengungen und anwendungsbezogene Allianzen über Ernüchterungsphasen“ hinwegzuführen. „Das Gleiche streben wir in der translationalen Forschung an.“ Das Frankfurter LOEWE-Zentrum für Translationale Medizin und Pharmakologie habe diesbezüglich bereits hervorragende Vorarbeit geleistet. Der Frankfurter Geschäftsstelle des Fraunhofer-Leitmarkts Gesundheitswirtschaft wird nun einerseits die Aufgabe zukommen, bereits einsatzbereite Technologien aus der Gesundheitswirtschaft erlebbar zu machen, andererseits übergreifende Forschungsprojekte in den 4D-Themenfeldern anzubieten, um daraus agile Projektkonsortien zu schmieden. Dazu ist eine enge Kooperation mit der Industrie und ihren Verbänden erforderlich, denn diese „ist noch nicht auf dem Niveau, um die Translation effizienter voranzubringen“. Dabei will man auch neue Akteure, zum Beispiel aus der Digitalwirtschaft, zum Einstieg in Gesundheitsprojekte ermutigen. Um den Transfer neuartiger Gesundheitslösungen in die medizinische Praxis zu beschleunigen, will die Fraunhofer-Gesellschaft zudem eine nationale Proof-of-Concept-Plattform bilden. Auf dieser Plattform sollen Forschungsansätze und -ergebnisse aus Fraunhofer- und Helmholtz-Instituten sowie Universitätskliniken so bald wie möglich von frühzeitig eingebundenen Pharma-Unternehmen aufgegriffen und in Richtung eines marktreifen Produkts fortentwickelt werden können. Vier Pilotprojekte sind für diese Plattform bereits identifiziert worden. Auch deren Koordination soll von Frankfurt aus erfolgen.

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